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Mädchen können Bagger fahren!

Neulich morgens sagt Sohn 1 (5 Jahre) zu mir:

 

“Mama, ich finde Jungs besser, weil die können im Stehen pinkeln.”

 

Aha, denke ich und frage: “Ist das der einzigste Grund?”.

 

Er überlegt kurz, ja. Das ist der einzige für den Moment. Okay, denke ich. Kann ich mit leben. Wenn das der einzigste Grund ist, warum Jungs besser als Mädchen sein sollten, nun gut.  

 

Dann beschäftigt mich das Thema doch den ganzen Tag, ich höre den Podcast von Katrin Bauerfeind in der Collin Ulmen-Fernandes eingeladen ist, und die erzählt von einer Sendung, in der 7-jährige Jungs denken, sie sind stärker als Mädchen, dafür nicht hübsch und Mädchen denken sie sind lieb, können dafür aber nicht Fußball spielen. 

 

Nachdem ich Sohn 1 vom Kindergarten abgeholt habe, frage ich ihn, ob er denkt, dass Mädchen Bagger fahren können - der Gedanke kommt mir einfach so. Er lacht und sagt “Neeein” und ich denke WIE BITTE?

Dann frage ich: 

“Wieso?” 

 

Seine Antwort: 

“Weil, Mama, das können die nicht”. 

 

“Und können die bei der Feuerwehr arbeiten?” 

 

“Klar!” 

 

“Können die bei der Polizei arbeiten”, mache ich weiter. 

 

“Natürlich.”

 

“Sag mal, denkst Du nicht, Pippi Langstrumpf könnte einen Bagger fahren?” 

 

“Quatsch, die ist doch ein Kind!” Ich bin froh, dass er mit Kind und nicht mit Mädchen antwortet. 

Ich sage ihm, das Frauen auch Bagger fahren können und er lacht mich aus und sagt, ich würde Quatsch machen. Das macht mich wirklich baff und ich denke darüber nach, warum er so denkt. Als ich mir seine Kinderbücher durchsehe wird es mir aber ziemlich schnell klar. Null Frauen in den Baggerbüchern. 2 Frauen bei der Polizei. Eine, mit viel Fantasie, bei der Feuerwehr.

 

Beim ins Bett bringen habe ich mich immer noch nicht beruhigt und stelle weitere Fragen. Ich provoziere es. Ich frage nochmal:

 

“Sind Jungs nur besser, weil sie im stehen pinkeln können?”

 

“Nein, die sind auch stärker und schneller.” Mein Herz setzt kurz aus.

 

“Was ist mit Pippi Langstrumpf?” Er schaut mich ziemlich selbstgefällig an und sagt, das Pippi ja gar nicht echt ist. Das Kind ist zu schlau für meine Fragen.

 

Ich frage mich, ob ich das jetzt richtig gemacht habe oder falsch. Das Sohn 1 von sich selber denkt, er sei stark ist ja gut. Das er denkt er sei stärker als Mädchen und deswegen besser ist schlecht. 

 

Schaut man sich Collin Ulmen-Fernandez Doku “No more boys and girls” an, dann gibt es ganz viele Mädchen, die denken, sie sind schwächer als Jungs. Das zieht sich durch auf ganz viele andere Bereiche. In den Köpfen kleiner Mädchen entstehen ganz schwer Traumberufe wie Pilotin, Kanzlerin oder Feuerwehrfrau, weil sie in ihrem Umfeld, ihren Büchern ihrer Sprache keine Vorbilder finden.

 

Es gibt im englischen Raum die Redewendung “She can’t be it, if she can’t see it.” Das gilt aber auch für Männer.

Männer sollen  beispielsweise Röcke tragen können, wenn sie das möchten oder hohe Schuhe, ohne als Transe betitelt zu werden, wenn sie keine sind. Oder Stricken und Nähen dürfen. Außerdem soll man verdammt noch mal aufhören, ihnen das Recht abzusprechen, genauso gut auf ihre Kinder aufpassen und sorgen zu können wie deren Mütter.

 

Wir brauchen viel mehr diversity in beide Richtungen. Nicht nur Pippi Langstrumpfs, die alles können, was Männer auch können. Wir brauchen auch mehr männliche Protagonisten, die gerne Ballett tanzen, stricken oder mit ihren Kumpels zusammen kochen. Präsent in Kinderbüchern, Geschichten und Filmen!

 

Klar, es gibt viele Mädchen, die spielen einfach total gerne mit Puppen und es gibt Jungs, die Fußball lieben. Aber es gibt auch verdammt viele Erwachsene, die Mädchen Puppen schenken und Jungs nen Fußball und gar nicht vorher schauen, ob das Mädchen vielleicht lieber ein ferngesteuertes Auto hätte und der Junge lieber ne Strickliesl.

 

Redet euch und euren Kindern niemals ein, dass man etwas nicht kann oder darf, weil man dafür nicht mit dem richtigen Geschlecht ausgestattet ist. Das ist Quatsch. Die einzige Beschränkung liegt vermutlich wirklich beim Kinder bekommen, beim stillen und darin, im Stehen zu pinkeln. Ein fairer Ausgleich, oder nicht?

 

 

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