Da saß ich also, weinte und weinte und hatte das Gefühl, die schlechteste Mutter aller Zeiten zu sein. Mein 3 Tage altes Baby weinte mit mir, vielleicht aus Angst, vielleicht vor Hunger.
Da war ich also. Angekommen in der Mutterschaft, mit all den Vorwürfen im Gepäck, ordentlich zusammengefaltet, damit ich sie Stück für Stück herausnehmen konnte, um sie für immer bei mir zu haben. Das Weinen tat weh. Verdammt weh, weil ich krampfhaft versucht hatte, es runterschlucken, tapfer sein wollte. Bis ich fast daran erstickt bin. Doch jetzt im Auto, auf dem Weg zum Krankenhaus, brach es aus, konnte nicht mehr drin bleiben. Und mit einem Schlag wurde mir klar: So wird das jetzt bleiben. Das ist sie, diese Verantwortung, die ich nun habe. Das ist es, das Schuldgefühl, mit dem ich ab sofort umherlaufen werde. Willkommen im Club der modernen Mütter. Alles beim Alten.
Mein Kind war damals gerade erst geboren. Ich hatte eine traumhafte Geburt, alles war schön. Und dann lief das Stillen nicht so gut, wie ich mir das vorgestellt hatte. Dabei habe ich mir gar nichts vorgestellt. Ich dachte einfach, das klappt schon, weshalb auch nicht. Ich habe nicht zugehört, als die Hebammen davon erzählt haben, ich war einfach überzeugt, dass ich da keine Probleme habe. Sorgen sind fiktiv und so.
Und dann hat es halt doch nicht geklappt - und ich, ich schreckliche Mutter - ich habe es nicht gemerkt. Das Kind nuckelte. Ich war im Dämmerzustand, die Hebamme war zufrieden und der Mann damit beschäftigt, Essen zu machen und das Kind zu wickeln. Dann weinte das Kind die ganze Nacht und nichts half. Kein Nuckeln, kein Singen, kein Schaukeln. Ich weinte mit. Ich schrie den Mann an, dass er jetzt überlegen kann, was zu tun ist, ich wollte nicht mehr schunkeln und singen. Ich hatte mit dieser Ansage solange gewartet, dass ich schon am äußersten Ende meiner Nerven war, holte den Mann mit meinem geheulten Geschrei aus dem Tiefschlaf, überreichte das Kind und sank erschöpft ins Bett. Am nächsten Tag kam die Hebamme, das Kind hatte zu wenig getrunken. Sie schaute mal genauer hin beim Stillen, von dem ich überzeugt war, dass es klappte. Das Kind dockte gar nicht richtig an. Das Kind war 3 Tage nicht richtig ernährt worden. Das Kind kam ganz selig und ruhig auf diese Welt und dann bekam es nicht genug zu essen, war unzufrieden und gar nicht mehr selig. Fast verhungert. Und wer war schuld? Ich. Das war mir klar. Wie überheblich von mir. Ich dumme, kleine Mama.
Damit fuhren wir nun ins Krankenhaus, um zu überprüfen, ob alles in Ordnung war. Ich strich Milch aus der Brust, um das Kind mit einer Pipette zu füttern. Das arme Kind. Es wollte nicht aus einer Kanüle trinken. Beim Kind war alles in Ordnung, sagte der Arzt. Das wusste ich schon, es war ja meine Schuld. Ich war zu doof zum Stillen. Die natürlichste Sache auf der Welt - wie kann man das verkacken!?
Meine Hebamme. Die Liebe, die man zu einer guten Hebamme entwickelt, das ist eine besondere. Sie war einfach da für uns. Sie fand die richtigen Worte, sie machte mir Mut und wir schafften es, dass alles gut wurde. Sie war der Meinung, dass es nicht meine Schuld ist. Sie glaubte sogar, keiner hat Schuld an irgendwas. Ich weinte noch ein paar Mal. Und dachte über dieses Gefühl der Schuld nach. Weil ich immer noch wollte, dass das mit dem Stillen klappt, zwang ich mich zur Geduld. Mein Kind half mir. Mein Mann half mir. Aber in mir drin musste ich die Sache mit mir ausmachen. Ich hatte in dieser Zeit ein Mantra. Ich hatte gelesen, dass Mantras helfen. Das war mir eines Nachts, als ich geduldig mit dem Kind an der Brust darauf wartete, dass alles klappt und das Kind satt wurde, wieder eingefallen. Es half dabei ruhig zu bleiben. Geduldig zu sein. Meine Geduld war endlich, das spürte ich. Dann fiel mir das mit dem Mantra ein. Ich bin die große graue Katze. Immer und immer wieder. Ich bin die große graue Katze. Weil ich ein Video gesehen habe, Katzen-Content, mit einer großen grauen Katze, die von Babykatzen überrannt wurde. Sie bissen in ihren Schwanz und in ihre Ohren. Aber sie lag da, Augen geschlossen. Regungslos. Sie wartete, bis sie sich etwas Neues suchten. Sie war geduldig. Ich wollte wie diese Katze sein. Groß, grau. Ruhig. Und während ich selbst zur großen grauen Katze wurde, holte mein Kind auf, sprengte jede Erwartung. Wurde dick und glücklich und kugelrund. Nuckelte nicht mehr nur. Dockte an, zog und saugte und ich kam mir wieder dumm vor, und fragte mich, wie ich das, was wir vorher gemacht hatten, für Stillen halten konnte.
Meine Haare sind heute definitiv grauer als damals. Ich habe so viel gelernt. Ich bin genauso sehr gewachsen wie meine Kinder. Ich habe viel nachgedacht und beobachtet. Ich habe eine Ausbildung gemacht. Ich war zwischendrin so wütend und frustriert. Ohnmächtig und überwältigt. Von dieser Industrie der Angstmache. Von diesen absurden Vorstellungen in den Köpfen der Menschen, wie eine Mutter zu sein hat. Von einem familienfeindlichen System. Ich war fassungslos Menschen gegenüber, die ich kannte.
Eine Mutter, die ich kenne, sagte neulich: Nicht ich bin durch die Zauberkugel gegangen (wie die Kinder damals in der Mini-Playback-Show), sondern die Welt ist durch die Zauberkugel gegangen, als ich Mutter wurde.
Sie hat so verdammt recht. Wir bekommen eine neue Welt untergeschoben, sobald wir schwanger sind. Sie wird von Angst kontrolliert. Von Zeitdruck und schlechtem Gewissen regiert. Es ist absurd und irgendwie, als würden wir uns plötzlich in einer Art Paralleluniversum befinden, wo sogar die alte Dame an der Kasse das Recht hat, über uns zu urteilen.
Aber ich habe viel darüber nachgedacht. Ich habe dazugelernt. Ich habe denen zugehört, die das schon hinter sich hatten. Ich habe mit meinem Mann geredet und ihn gefragt, warum alles plötzlich so verrückt ist und wie wir es anders machen können. Und irgendwann wusste ich so viel und machte daraus mein Ding, dass andere Frauen ankamen und fragten, wie ich das mache. Warum ich so gelassen blieb. Wie ich das alles schaffen würde. Und irgendwie ergab jetzt alles Sinn in diesem Unsinn. Jetzt konnte ich über alles sprechen. Noch besser: Ich konnte anderen Müttern dabei helfen, auch auszubrechen aus diesem Kack-Universum, das weiße alte Männer für uns zusammengeschustert hatten.
Glaubenssätze, Werte, Identität, Intuition. Ich habe das alles auseinandergenommen. Und wieder zusammengesetzt. Und ich weiß jetzt, wie das geht. Wie auch andere Mütter zur großen grauen Katze werden können. Ich weiß, dass die meisten in einer Mutterrolle festhängen, die eigentlich nicht für sie bestimmt ist. Man kann nicht dauerhaft in die Rolle von jemand anderem schlüpfen. Irgendwann bricht die eigene Identität darunter zusammen. Oder sie will raus. Und dann kann ich dazu ein paar Dinge erklären, die ich damals selbst nicht verstanden habe. Warum ich mir immer selbst für alles die Schuld gab, weshalb Dinge, die ich mir so fest vorgenommen hatte, nicht klappten. Warum ich so müde war, selbst wenn ich genügend Schlaf abbekam. Solche Dinge.
Wenn ich mit den Müttern spreche, die zu mir kommen, dann kann ich ihr Potential sehen. Ich kann es körperlich fühlen, wie sie sein können in ihrer selbstbestimmten Freiheit. Ich weiß nicht genau, ob das eine Art sechster Sinn ist. Ich glaube eher, dass alle Frauen, die meine Hilfe suchen, irgendwo stecken geblieben sind. Die wissen ja, dass es so nicht weitergehen kann, weil irgendwas nicht stimmt. Weil ihre Mutterschaft nur noch anstrengend ist und nicht mehr schön. Nicht wie in den sozialen Medien. Wo alle immer klar kommen.
Wenn ich diese Frauen begleite, dann geht mein eigener Wunsch in Erfüllung. Der Wunsch, dass Frauen aus dieser Opferrolle der Mutterschaft rauskommen. Dass sie dieses bescheuerte Paralleluniversum abstoßen, um ihre eigene Realität aufzubauen. Ohne den ganzen Scheiß, der einem eingeredet wird. Sie wollen wieder Liebe und Gelassenheit in ihrem Leben. Sie wollen ihren Kindern gerecht werden, ihrem Partner. Sich selbst und den Menschen, die sie lieben. Sie wollen nicht begrenzt werden von der alten Dame an der Kasse. Sie nehmen sich zurück, was sie brauchen. Sie legen die Schuldgefühle ab und kommen in einem neuen Bild an, das sie selbst gestaltet haben. Sie kämpfen für sich und ihre Familie. Sie werden glücklich. Und sie leuchten!
Ich liebe das, was ich mache. Ich bin stolz auf “meine” Mütter. Wir sind alle so unterschiedlich. Aber wir wollen alle unsere Unabhängigkeit zurück. Auch wenn wir nun Kinder haben. Wir glauben den anderen nicht mehr, dass das nicht geht. Und ich sage keiner von ihnen, wie sie eine “gute” Mutter ist. Ich sage auch nicht, guck, so geht's. Ich sage ihnen, was Glaubenssätze sind. Was Werte sind. Was das Gehirn mit uns macht und wie absurd die Gesellschaft über Mütter denkt. Und dann versichere ich ihnen, dass jede ihren eigenen Weg gehen darf. Und los gehen sie dann alleine. Wir verändern damit die Welt, wie Frauen schon immer ihre eigene Welt verändern. Das System ist zu langsam. Keiner kommt und macht das für uns. Das ist manchmal ganz schön hart. Und traurig. Aber die Sache wert.
Bist Du auch bereit dafür? Dann ruf mich an. Werde eine Wild Mom. Wir sind für Dich da. Und mit Dir sind wir wieder eine mehr! Weil eins darf jede Mama dort draußen, die sich in der falschen Rolle gefangen fühlt, wissen: Du bist einzigartig, aber absolut kein bisschen alleine.
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