Jedes Jahr auf’s Neue träume ich mich an Weihnachten nach New York. Und nicht etwa, weil eine ständige Kindheitserinnerung “Kevin allein zu Haus" ist. Sondern weil es mein Lieblings- “Ich-will-weg-und-allein-sein-Ort” ist. Wir haben eine Patchworkfamilie, was bedeutet: Weihnachten ist neben Weihnachtsdeko, Glitzerstaub und Wunderzeit auch ein großer Haufen Organisation, Erwartungen, Stress und Tränen! Und in erster Linie möchte ich davor immer erstmal weglaufen.
Früher war mehr Lametta
Früher war Weihnachten einfach: Baum schmücken, Kirche, Essen, Geschenke mit der Familie, Verwandte besuchen, Traditionen, Lichtermeer. Ich habe das geliebt und die Erwachsenen haben mir immer das Gefühl gegeben, dass sie es ebenso lieben. Je älter wir Kinder wurden, desto komplizierter wurde es. Geliebte Menschen gingen von uns, viele kleine Menschlein kamen dazu. Es gab nicht mehr den einen Ort, an dem wir alle feierten. Es gab mehrere wechselnde.
In Berlin begann mein Patchwork-Weihnachten mit meinem Mann und seinen Töchtern. Ganz andere Traditionen und wochenlange Diskussionen über Aufteilung der Feiertage. Meine Eltern erwarteten mich, und meine Vorstellungen von Weihnachten passten nicht mehr. Mein Mann stammt auch aus einer Patchworkfamilie, wodurch die Planung komplexer wurde. Bis zu 10 Parteien waren involviert, ich reiste in manchen Jahren kilometerweit durch Deutschland in nur drei Tagen.
Weihnachten mit Kindern
Dann kamen meine eigenen Kinder hinzu. Noch mehr Traditionen verschwanden, weil wir das ganze Gefeiere auf mehr Tage als drei aufteilen mussten, und meine Wünsche kollidierten mit den Bedürfnissen aller Beteiligten. Idealerweise sollten alle zu uns, wie früher bei meinen Großeltern. Doch das gefiel nicht allen, und der Platz reichte nicht aus. Meine Patchwork-Kinder wollten mit ihren Geschwistern feiern, aber das führte zu komplizierten Reiseplänen. Nach Jahren voller Tränen unter’m Tannenbaum dachte ich erstmals an Weihnachten in New York.
Ich wollte immer alles an Weihnachten: Familie, gutes Essen, Kirche, Traditionen, Deko, Glitzer und Besinnlichkeit. Wie früher halt. Ich wollte, dass meine Kinder es lieben. Und ich wollte, dass sie spüren, wie sehr ich es liebe und es mich überhaupt nicht stresst. So, wie ich es früher auch empfunden habe. Dazu passte das ganze organisatorische Gezerre und Gequetschte nicht - und ich konnte auch nicht so tun, als würde mich das nicht stressen. Aber wenn es so sein musste, ich sah damals keinen Ausweg, dann wollte ich wenigstens meine Ruhe und den Glitzer. New York kam, vielleicht doch schon wegen Kevin, ganz von allein in meinen Kopf.
Ich verrate Dir was: Bis heute war ich noch nie in New York!
Ich denke auch heute wieder daran, wie schön entspannt das sein könnte, aber ich weiß, das wird noch ein paar Jahre dauern, bis ich mich das wirklich traue. Mein Weihnachten ist mittlerweile trotzdem deutlich entspannter. Wie habe ich das geschafft?
Während meiner Coaching-Ausbildung habe ich schon ziemlich viel über mich selbst und meine Bedürfnisse gelernt. An Weihnachten crashen die Bedürfnisse von allen aufeinander. Wie sollte ich das aber verhindern?
Zuallererst fingen wir in der Kernfamilie damit an, über unsere Erwartungen zu sprechen. Der positive Effekt war sofort spürbar. Zum einen fühlten sich alle erst genommen und gehört, zum anderen erfuhren wir endlich mal, was wem wirklich wichtig war. Uns wurde viel bewusster, dass wir nicht alles haben konnten. Dass aber jeder einen wichtigen Punkt hatte und wir daran irgendwie arbeiten konnten. Wir fanden Kompromisse, schafften Traditionen ab, die wir jahrelang insgeheim sogar alle anstrengend fanden. Wir erfanden neue Rituale und, obwohl nicht alle alles haben konnten, hatten wir dennoch einen großen Teil abgebildet und die wichtigsten Sachen alle untergebracht.
Der Stress blieb, aber er ergab jetzt viel mehr Sinn und wurde dadurch deutlich positiver!
Außerdem war ich irgendwann an dem Punkt, an dem ich entschied, an den drei Tagen auch nicht mehr durch die Gegend zu reisen. Wir haben eine offene Tür an Heiligabend und zwischen den Jahren, jeder darf kommen. Das wird sich zwischendurch auch wieder verändern, wenn die Kinder älter sind, bevor sie selbst Familien gründen. Und das ist okay. Ich habe mich von dem “So muss Weihnachten sein” befreit. Wir sind so viele, wir werden älter, wir verändern uns. Wir haben alle Erwartungen. Wenn wir verstehen, woher die kommen, dann können wir die Bedürfnisse dahinter erkennen. Und die können auch anders erfüllt werden!
Aber wie erkläre ich jetzt den anderen, dass ich an Weihnachten den Druck rausnehme?
Es fängt ja schon beim Arbeitgeber an. In jedem Unternehmen gibt es vor Weihnachten Riesenstress, weil allen plötzlich auffällt, dass ja nur noch vier Wochen Zeit ist. Dann kommt die Kita, Schule und der Verein um die Ecke und will, dass gebastelt, gebacken und verkauft wird. Weihnachtsfeiern ohne Ende! Absoluter Wahnsinn. Aber muss ich da wirklich bei allem mitmachen? Kann ich auf der Arbeit nicht auch mal was ablehnen oder delegieren? Muss echt jeder Adventsbasar besucht und begleitet werden? Oder fühle ich mich verpflichtet, weil das halt an Weihnachten so sein “muss”? Ich versuche Kompromisse zu machen. Ich muss nicht jedes Adventsbasteln mitnehmen. Und sicher auch nicht jede Weihnachtsfeier. Früher wurde bei Weihnachtsfeiern die ganze Familie eingeladen. Sowas gibt es heutzutage kaum noch - dann darf man den Eltern auch nicht böse sein, wenn sie nicht kommen möchten. Ich trenne meine Bedürfnisse von den Erwartungen der anderen. Die können viel erwarten - aber ich muss das aus verschiedenen Gründen nicht erfüllen. Für mich ist zu dieser Zeit meine Familie am wichtigsten, Teile meiner Arbeit (z.B. meine Wild Moms) und meine eigenen Wünsche. Ich setze Prioritäten, weil mir der Weihnachtsbasar in der Kita wichtig ist und die Weihnachtsfeier ohne Kinder sogar MeTime für mich bedeutet. Aber wenn ich jemanden außerhalb meiner eigenen Prio-Gruppe enttäusche, weil ich im allgemeinen Weihnachtstrubel nicht alle Bälle in der Luft halten kann, dann macht mir das kein schlechtes Gewissen mehr.
Man kann alles haben - aber halt nicht jedes Jahr!
Es hat ein Weilchen gedauert, bis ich das selber annehmen konnte. Ich muss auch jedes Jahr von vorne anfangen zu überlegen. Es macht für mich sogar Sinn, jedes Jahr einen anderen Fokus zu haben, weil ich dann, über die Jahre gesehen, trotzdem alles haben kann. Wenn mir die Deko wichtig ist, dann halte ich aus, dass das auch Stress macht, dass ich unzufrieden bin, dass ich nachts noch bastle und die anderen nicht verstehen, dass mir das so wichtig ist. Ich kann es ihnen dann erklären. Auch das ist wichtig. Die Menschen um einen herum, die einen lieben, die wollen oft helfen und unterstützen. Vielleicht machen sie das, indem sie sagen, dass ihnen Deko nicht so wichtig ist und ich mich da entspannen kann. Denen kann ich dann erklären, dass es MIR wichtig ist, dass ich das für mein Weihnachten brauche, weil es ein Bedürfnis für mich erfüllt. Und sie sich entweder einfach mit über den Glanz in der Bude freuen können, sogar mitgestalten dürfen oder mich einfach in Ruhe basteln lassen und dafür andere Aufgaben übernehmen können.
Das wichtigste Learning, das ich in den letzten Jahren hatte, war: Ich darf es anders machen und auch meine Wünsche dürfen erfüllt werden. Es ist auch dann noch stressig genug - aber auch schön genug! Weihnachten hängt die Latte so hoch, irgendwer wird enttäuscht sein, frustriert. Aber deswegen muss ich nicht auf alles verzichten. Ich bin ebenso wichtig wie die anderen. Ich darf ein schönes Weihnachten haben. Und wenn wir unsere Bedürfnisse rechtzeitig miteinander besprechen, dann können wir das untereinander auch viel einfacher füreinander möglich machen! Wir können neue Rituale ausprobieren, alte Traditionen über Bord werfen und neue, hoffentlich schneebedeckte, Wege gehen!
Wenn Weihnachten für Dich auch stressig ist, dann helfen Dir vielleicht die Schritte, die ich gegangen bin. Ich habe sie in einem kleinen Workbook kurz zusammengefasst. Oft reicht ein Gedankenanstoß, um ganz viel zu verändern. Wenn es Dir hilft, ein entspanntes Weihnachten zu feiern, dann ist das für mich wiederum eine ganz große Freude, die ich Dir wahnsinnig gerne schenken möchte. Daher kannst Du Dir mein Weihnachts-Freebie hier kostenfrei herunterladen. Teile es gerne mit Deinen Freundinnen oder allen, die es jetzt in den letzten Wochen vor’m Fest gut gebrauchen können.
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